Ausführlicher Bericht zum 2. Verhandlungstag des 20. G20 Prozesses am 23.10.2017

Ab 8 Uhr morgens findet vor dem Amtsgericht wieder eine Kundgebung statt. Trotz der frühen Uhrzeit kommen einige Menschen.

Vor dem Verhandlungssaal warten auch wieder der russische Konsul und BILD-Zeitungsfotografen auf die Verhandlung. Diese beginnt mit etwa 20 Minuten Verspätung. Nachdem der Konsul erneut versucht, sich unter den Pressevertretenden in den Saal zu „schmuggeln“ verwies die Richterin die Zuhörenden des Saals und verteilte die Sitzplätze erneut. Der Konsul schafft es diesmal nicht, einen Platz zu erhalten. Im Verlauf der Verhandlung werden die Zuhörenden wiederholt aus dem Saal geschickt und wieder hineingeholt. Immer wieder wird wegen Fehlern auf Seite des Gerichts und der Polizei die Verhandlung unterbrochen und verzögert und nach jeder solcher Pause verspätet angefangen.

Die Verhandlung beginnt zunächst mit der Bekanntgabe der Ablehnung des Antrags vom 1. Verhandlungstag. Beantragt war die Benennung von Polizei und anderen behördlichen Vertretern und deren Ausschluss aus der Sitzung. Begründet wird die Ablehnung mit der Rechtsgrundlage der Sitzungspolizei. Sofern es eine öffentliche Hauptverhandlung sei, müsse jeder Person der anonyme Zutritt zu der Verhandlung gewährleistet sein, sofern diese den Verlauf nicht stören. „Das Gericht kann die Zuhörenden nicht zur Aufgabe der Anonymität zwingen.“ Des Weiteren sei es üblich, dass die Auslandsvertretungen ein Interesse hätten. Auch würden bei Anfragen zu Vorstrafen von Angeklagten persönliche Daten den entsprechenden lokalen Behörden mitgeteilt. Von daher sähe das Gericht die abstrakte Gefährdung nicht, die in diesem Fall vorläge. Die Verteidigung kritisierte diese Entscheidung: Hier läge keine „abstrakte Gefährdung“ vor, denn bereits vor Beginn der Verhandlung lag ein konkretes Interesse seitens der russischen Behörden an den Akten des Angeklagten vor. Weiterhin wirke die negierende Antwort des Konsuls bei der letzten Verhandlung verdächtig. Wieso zerstreue dieser nicht die Zweifel, die seine Anwesenheit mit sich bringt, wenn keine konkrete Gefährdung vorliegt? Weder Richterin noch Staatsanwalt haben eine Antwort darauf.
Bevor es zur Verlesung der Anklage kommen kann, wird von den Zuhörenden ein Transparent entrollt und ein kämpferisches Lied angestimmt. Die Richterin reagiert genervt, lässt den Gerichtssaal aber nicht räumen.

Verlesung der Anklageschrift: Der Beschuldigte soll am Abend des 8.7.2017 eine Glasflasche auf Einsatzkräfte geworfen haben. Die Flasche traf nicht, angeblich trafen jedoch einige Scherben den Unterschenkel eines Beamten. Später soll der Angeklagte noch eine weitere Flasche geworfen haben, die an einer Hauswand zerschellte. Weiterhin soll er sich gegen seine Festnahme gewehrt haben. Es folgt eine Aufzählung der üblichen Paragraphen, u.a. §114 StGB und 223 StGB.
Nach Verlesen der Anklageschrift stellt die Verteidigung erneut einen Antrag – diesmal auf Verfahrenseinstellung wegen Rechtswidrigkeit des Verfahrens nach §260 StPO. Dies wird damit begründet, dass der Beschuldigte Anspruch auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren habe, was seine Subjektstellung schütze und ihn nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns degradiere. Ferner wird sich auf die Gewährleistung der rechtsstaatlichen Grundprinzipien berufen, auf das jedes rechtsstaatliche Strafverfahren fußt. Jedoch sei Letzteres in diesem Verfahren nicht der Fall, was die Zulässigkeit des gesamten Verfahrens in Frage stelle. Die besonderen Umstände, die ein faires, rechtsstaatliches Verfahren verunmöglichen, ergeben sich bereits deutlich an dem Rahmenbefehl der Polizei zum G20, der der Polizei politisch und inoffiziell juristisch einen Freifahrtschein ausstellte. Gegen von der Polizei ernannte „Störer“ sei „unverzüglich und konsequent und bei niedriger Eingreifschwelle vorzugehen.“ Dass die Polizei sich in der Strafverfolgung an rechtsstaatliche Grundsätze halten müsse, findet in dem Befehl keinerlei Erwähnung, was aus rechtsstaatlicher Perspektive die Legitimität dieses Rahmenbefehls in Frage stelle. Dementsprechend werde auch das Verfahren gegen den Angeklagten geführt – laut Akte unter Verstößen gegen rechtsstaatliche Mindestanforderungen im Strafverfahren. So wurde der Beschuldigte bei seiner Festnahme nicht ausreichend und in einer ihm verständlichen Sprache belehrt. Weiterhin wurden polizeiliche Maßnahmen an ihm durchgeführt ohne ihn vorher darüber aufgeklärt zu haben. Selbst eine spätere Übersetzung des Belehrungsbogens in die russische Sprache sei mangelhaft gewesen. Diese Vorgehensweise habe es dem Beschuldigten von Anfang an verunmöglicht, seine Rechte als Subjekt wahrzunehmen. Ferner wurde von der Staatsanwaltschaft versucht, ihm einen Strick zu drehen und eigene Schlüsse daraus zu ziehen. Er sabotiere das Strafverfahren, indem er den Belehrungsbogen nicht unterschreiben wollte. Versäumnisse dieser Art ziehen sich durch das gesamte Verfahren. Des weiteren gebe der Umstand G20 Anlass zum Zweifel, dass hier die Justizförmigkeit gewahrt bleibt und keine anderen Lebensbereiche sich auf die Rechtsprechung auswirken. Die Staatsanwaltschaft widerspricht dem Antrag, da ihrer Meinung nach die Begründung nicht zuträfe. Der Belehrungsbogen wurde vorgelegt, die Jugendgerichtshilfe wurde eingebunden, wenn auch erst nach der Anklageerhebung und das Konsulat wurde nach der völkerrechtlichen Pflicht der Wiener Konvention verständigt.
Die Verteidigung begegnet der Begründung der Staatsanwaltschaft gelassen, aber erinnert die Staatsanwaltschaft daran sich zumindest abstrakt in der Rolle des Angeklagten wiederzufinden. Laut einem Zitat des HansOLG zur Begründung der Haft komme man nicht umhin, es anders zu verstehen, als dass sich die Justiz hinter der Polizei klein mache und damit ihre Funktion als Kontrollorgan der Exekutiven aufgibt. Es sei höchst problematisch, dass dieses Zitat indirekt diese Funktion aufgebe und sich die Justiz in diesem Verfahren damit als ein Teil der Exekutiven begreife. Das Zitat mag – wie sich die Staatsanwaltschaft ausdrückte – „nicht so gemeint“ gewesen sein, allerdings läge der Verteidigung keine vollständige Haftbegründung vor. Die polizeilichen Maßnahmen erfolgten vor der Belehrung, ohne vorher ein sinnstiftendes Wort an den Angeklagten gerichtet zu haben. Diese Vorgehensweise entspricht nicht einm objektiven, an den Rechte des Subjekt orientierten Strafverfahrens. Kern einer weiteren Kritik ist auch nicht die Benachrichtigung des Konsulats an sich, sondern die Benennung und Mitteilung eines unzutreffenden Tatvorwurfs. Richterin Fischer ruft nach diesen Ausführungen eine zehnminütige Pause ein, in der sie über den Antrag entscheiden will. Der Gerichtssaal wird für diese kurze Zeitspanne geräumt. Nach der Pause wird der Antrag auf Verfahrenseinstellung nach § 260 StPO abgelehnt.

Eigentlich soll nun eine Erklärung des Angeklagten erfolgen. Jedoch wurde ihm seine handschriftlich angefertigte Einlassung auf dem Weg ins Gericht abgenommen, da sie in kyrillischen Buchstaben geschrieben war und die Justizbüttel diese nicht lesen konnten. Eigentlich sollte diese dann an die Verteidigung per Email geschickt werden. Diese jedoch hatte bis zum Beginn des Verfahrens keine Email aus Hahnöversand erhalten. Es folgt eine weitere zehnminütige Unterbrechung, in der versucht wird, den Verbleib von Konstantins Stellungnahme herauszufinden. Insgesamt drei Mal ruft Richterin Fischer in Hahnöversand an, wobei ihr beim ersten Mal versichert wurde, dass die Email dreimal an die Verteidigung geschickt wurde. Besagte Email trifft jedoch nicht ein. Erst nachdem sie Hahnöversand anweist, die Email an die Protokollantin zu schicken, scheint es mit der Übermittlung zu klappen. Es wird nochmals eine längere Pause eingelegt. Danach erfolgt die kurze Erklärung von Konstantin, die von der Übersetzerin dann vorgetragen wird. Er beruft sich hierbei darauf in der liberalen Opposition aktiv zu sein und sich im Kampf für Menschenrechte und Demokratie einzusetzen. Dort habe er berechtigterweise auch Angst vor der Verfolgung durch den Staat. Erstaunt merkt er an, er es niemals für möglich gehalten hätte in einem Land wie Deutschland, in dem Meinungsfreiheit herrschen soll für das öffentliche Kundtun seiner Ansichten im Gefängnis zu landen.

Im Anschluss beginnt die Beweisaufnahme: Der erste Zeuge, der 25jährige Polizeibeamte Julian Zedler aus Mühlheim/Hessen wird aufgerufen. Die Belehrung durch die Richterin erfolgt etwas hastig, was ihr im folgenden Verhandlungstag gehörig auf die Füße fällt. Die Verteidigung merkt an, dass die unterschriebene Aussagegenehmigung fehle. Dies sei bei der Vorbereitung auf eine Zeugenaussage in einer Haftsache mangelhaft, denn er unterliegt der Amtsschweigepflicht. Der Polizeizeuge Julian Zedler vergas diese beim Chef einzuholen. In Hessen muss die Aussagegenehmigung zudem vom Polizeipräsidenten gegengezeichnet werden. Wieder wird die Verhandlung unterbrochen, um diese Genehmigung zu beschaffen. Vermutlich wegen der Transpi-Aktion im Gerichtssaal wird polizeiliche Verstärkung von Einsatzkräften in Schutzkleidung und Helm angefordert, die den restlichen Tag vor dem Verhandlungssaal Stellung beziehen. Unter anderem schützen sie den Polizeizeugen Julian Zedler, der sich in den Pausen immer wieder zu ihnen stellt.
Die Verhandlung wird verspätetet fortgesetzt. Nachdem die Richterin dem Zeugen nochmals erklärt was von ihm erwartet werde, kann es weitergehen. Zedler sagt aus, dass er mit der BFE 38 „Aufnahme von Störermengen“ koordinieren sollte. Gegen 23 Uhr waren sie an der Schanzenstr./Ecke Kampstr. im Einsatz, wo er eine Flasche „akustisch wahrgenommen“ hat. Diese sei in der Nähe der Einheit aufgeschlagen und er habe „einen Störer, männlich“ wahrgenommen, der schwarz gekleidet war und ein Schlauchschal über die Nase gezogen trug. Außerdem habe die Person auffordernde Gesten in ihre Richtung gemacht und dabei so etwas, wie „Dawai, dawai“ gesagt. In der Sternstraße sei ein weiterer Flaschenwurf erfolgt, wobei die Flasche an einer Häuserwand ca. 3m über dem Boden zerschellte. Später habe sein Kollege Schmidt den Flaschenwerfer erneut gesehen und dann sei auch schon der Befehl zur Festnahme erfolgt. Auf diese Auskunft folgt ein Frage-Antwort-Spiel zwischen Gericht, Verteidigung und Zeuge. Die Richterin fragt Zedler, ob er denn auch hinschaue, wenn er eine Flasche klirren höre. Daraufhin meint dieser, dass er die Flasche am Boden nicht gesehen sondern nur gehört habe. Die Richterin fragt weiter zur Entfernung und ob er den Wurf gesehen habe. Der Zeuge meint, dass er das nicht genau sagen könne und er schätze 3-4 m. Den Wurf habe er gesehen, obwohl es dunkel dort war, aber durch die Laternen und eigene Taschenlampen hätte er den Wurf gut sehen können, aber nicht weiter verfolgt. Die Person stand etwa 8 m entfernt. Dies hätte er aber nicht weiter verfolgen können, da die Lichtverhältnisse hierfür dann doch zu schlecht waren. Die Verteidigung greift die 1. Frage der Richterin noch einmal auf und fragt abermals nach, ob er denn nicht hingeschaut habe, als er das Klirren hörte. Zedler wiederholt, er habe nicht hingeschaut, sondern dafür in die Straße hinein geschaut, ob noch weitere Flaschen kämen. Die Antwort auf die erneute Frage nach Lichtverhältnissen und nach Kollegenanzahl lässt er unbeantwortet. Er erzählt stattdessen, dass sie in einer Reihe als Kette in der Straße standen und er freie Sicht auf die Straße „aufgrund seiner Körpergröße – 1,89 m“ gehabt hätte. Er habe dann auch gesehen, wie die 2. Flasche von der gleichen Person geworfen wurde. Sie seien dann auf diese zugegangen, die Person habe „Distanz gemacht“. Sie hätten die gesamte Zeit auch die Distanz gehalten, er habe auch nur eine Person, nämlich den vermeintlichen Werfer, wahrgenommen. Er sei allein gewesen, 2 andere Personen seien erst in der nächsten Straße dazugekommen. Auf Nachfrage der Richterin zum 2. Flaschenwurf, meint er, dass er diese gesehen habe, wie sie „links oben “ von sich und in 2 m Höhe an der Hauswand einschlug. Die Verteidigung fragt nach, ob der Polizeizeuge damit die 2 m vom Boden oder von seiner Kopfhöhe aus meinte, antwortet dieser beleidigt, dass die Flasche in knapp 3-4 m Höhe insgesamt einschlug. Dann habe er die Person gesehen, männlich, schlank, Schlauchschal, trug auffällige, hellere graue Sneakers, wobei diese ihm erst bei der Festnahme aufgefallen sind. An der Kreuzung sei die Person dann näher gekommen, dann habe er sie aber wieder aus den Augen verloren, da sie sich „Richtung Schanzenviertel“ zurückgezogen hatte. Später habe dann „POK Schmidt“ den vermeintlichen Flaschenwerfer wiedererkannt und auf seine Angabe sei dann die Festnahme erfolgt. Angesichts der dortigen Lichtverhältnisse und der vagen Beschreibung, fragt die Richterin, ob es sich hier nicht auch um eine andere Person handeln könne. Der Zeuge widerspricht, sagt aus, dass ausschlaggebend die Statur, Schuhe und wie die Person geredet habe, gewesen seien. Er gibt ein wenig kleinlaut zu, dass ihm die Schuhe erst bei der Festnahmen aufgefallen seien. Insgesamt ist Zedler sehr sparsam mit Details, kann vieles angeblich nicht sagen, druckst herum. Weder zu der Anzahl von Personen auf der Straße und was sie trugen, noch wie der Funkspruch erfolgte kann er etwas sagen. Immer wieder müssen Gericht und Verteidigung Nachfragen stellen. Schließlich antwortet er kaum noch, beruft sich immer wieder darauf, dass er dazu nichts sagen könne bzw. wolle. Insbesondere bei der Herleitung der Personenbeschreibung über Funk von POK Schmidt, beruft er sich auf seine beschränkte Aussagegenehmigung. Die Verteidigung hingegen insistiert darauf, dass der Polizeizeuge hierzu Angaben mache und keine reinen Werturteile von sich gibt, die nur das umfassen, was der Zeuge für ausschlaggebend hält, nicht aber was der Tatsachengrundlage entspräche. Es folgt wieder eine kurze Pause, damit der Polizeizeuge Rücksprache mit seinem Vorgesetzten, Herr Schneider halten kann. Als die Verteidigung hiernach abermals nachhakt, ob es eine Personenbeschreibung über Funk gegeben habe, antwortet dieser, dass er weder zu der erfolgten Personenbeschreibung Angaben mache, noch darüber, was er seinen Vorgesetzten gefragt habe. Die Verteidigung fasst verärgert zusammen, dass der Zeuge nicht in der Lage sei, dem Gericht ein Bild von der Lage zu machen. Die Richterin fährt jedoch fort, Fragen zum Zugriff zu stellen, bezüglich Ablauf, ob noch weitere Personen in der Nähe waren und wer an der Festnahme beteiligt war. Zum Ablauf der Festnahme sagt Zedler aus, dass der Beschuldigte sich „der Festnahme entziehen wollte, dabei gegen einen vermutlich Stromkasten liefe und dann von Polizeibeamten Frenzel zu Boden gebracht wurde.“ Da er sich gegen die Festnahme gesperrt habe, wurden seine Hände auf dem Rücken fixiert. Auf weitere Fragen der Richterin, wer noch beteiligt war und wer noch was gemacht habe, verweigert der Zeuge abermals zu antworten. Im späteren Verlauf nennt er jedoch die Polizeibeamten Frenzel, Kleinfelder und Bach als bei der Festnahme beteiligt. Der POK Schmidt war zu dem Zeitpunkt nicht in der Nähe. Die Verteidigung macht Zedler darauf aufmerksam, dass seine Weigerung die Tatbestandsgrundlage zu klären, Ordnungsgeld oder sogar Beugehaft-würdig seien. Fakt ist, dass der Kernpunkt der Anklage gegen Konstantin, der Widerstand bei der Festnahme sei und die Weigerung diesen Umstand aufzuklären, sich nicht mit seiner Aussagegenehmigung begründen lasse. Es ginge hierbei nicht darum abstrakte Polizeitaktik zu erörtern und somit ist es egal, ob er was dazu sagen möchte, als geladener Zeuge MÜSSE er sich dazu verhalten. Staatsanwalt Mittenzwei bestätigt dies in Richtung Zedler, dass es hierbei um die Beschreibung der konkreten Situation ginge und nicht Polizeitaktik zu erörtern. Widerwillig erzählt Zedler, wie Polizeibeamte Frenzel, Konstantin an der Schulter packte, dieser sich entfernen wollte, 2 schnelle Schritte machte und dabei „den Kasten“ übersah. Er, Zedler, habe ihn dann ergriffen und zu Boden gebracht und fixiert, da Konstantin sich währen der Festnahme wehrte. Dann hätten sie ihn angesprochen, dabei festgestellt, dass er kein Deutsch sprach, auch weil er immerzu „Agua, Agua“ rief. Weiter hätten sie ihn mit einem Kopfhebel fixiert ins Fahrzeug verbracht. Die Richterin fragt darauf hin, wie die Person ausgesehen habe. Zedler beschreibt ihn als ca. 1, 75 m groß, bekleidet mit hellgrauen Sneakers, einem Basecap, einer dunklen Jacke mit orangenen Zippern, bei sich gehabt habe er Handschuhe und einen Rucksack. Die Richterin fragt weiter, wie der Festgenommene diesen getragen habe. Zedler gibt an, dass Konstantin diesen sichtbar auf dem Rücken trug, aber sich erinnere, dass er die Jacke darüber trug. Weiter wird er gefragt, ob er meine, dass die festgenommene Person, die sei, die er gesehen habe. Zedler gibt an, dass er sich nicht sicher gewesen sei. Jedoch habe Kollege Schmidt später bestätigt, dass sie die richtige Person hätten. Er müsse sich was übergezogen haben. Im Nachhinein würde er sagen, er sei sich eher nicht sicher gewesen. Die dunkle Hose stimmte, die dunkle Jacke, die Größe und die hellen Schuhe. Die Richterin merkt an, dass im Rahmen des G20 Gipfels viele so gekleidet waren. Sie fasst zusammen, dass Zedler beim Flaschenwurf nur eine Person gesehen habe, bei der Festnahme dann aber 2 weitere Personen dabei waren. Zudem hinterfragt sie seine Bemerkung, dass die festgenommene Person die Kleidung gewechselt haben müsse – woraus schließe er das? Zedler meint darauf etwas lapidar: Weil er ein anderes Oberteil anhatte, als bei dem Flaschenwurf. Für Richterin Fischer klingt dies, als ob sich Zedler im Rahmen der Festnahme sicher sei, dass die festgenommene Person identisch mit der Person sei, die die Flaschen geworfen hatte. Die Verteidigung kritisiert diese Aussage und weist darauf hin, dass nichts von dem bisher Gesagten darauf hinweise, dass der Zeuge sich sicher sei, dass Person 1 (Flaschenwerfer) und Person 2 (die festgenommene Person) identisch seien. Der Zeuge versucht sich zu retten, indem er äußert, dass er sich nach der Festnahme habe versichern lassen, dass dies die Person sei, die POK Schmidt habe festnehmen lassen wollen. Dieser kam jedoch erst dazu, als Konstantin bereits auf dem Boden lag. Die Richterin fragt nach, ob Herr Schmidt die festgenommene Person auch im Stand gesehen habe. Zedler meint darauf, dass er die Person mit zum Auto begleitet habe. Zudem habe POK Schmidt dies unmittelbar nach der Festnahme mitgeteilt. Im weiteren Verlauf sei der Festgenommene ruhiger geworden, habe sich abführen lassen, später gesungen, aber gegen das Anfertigen die Lichtbilder habe er sich gewehrt indem er sich wegdrehte. Er musste zur Kamera gedreht und festgehalten werden. Der Staatsanwalt fragt nach, welche Kleidung der Werfer angehabt habe, da sich diese von der festgenommenen Person deutlich unterschied. Zedler meint sich zu erinnern, dass der Werfer einen Pulli angehabt habe der auch bei der Festnahme gefunden wurde. Auf Nachfrage, ob jemand beim Gerangel verletzt wurde, meint er erst nein, gibt dann aber an, dass die festgenommene Person eine Schürfwunde an der linken Stirnseite davontrug.
Auf Nachfrage der Verteidigung wie er sich für die heutige Aussage vorbereitet habe, gibt er an seinen Kurzbericht nochmals gelesen zu haben und sich den Festnahmeort auf GoogleMaps angeschaut zu haben. Er habe aber auch mit Kollegen gesprochen und die Situation Revue hat passieren lassen. Bei genaueren Nachfragen zur Vorbereitung fängt er aber an, sich zu widersprechen. Erst erzählt er, er habe erst den Kurzbericht gelesen und dann mit den Kollegen gesprochen, dann ist es auf einmal wieder anders rum. Erst nennt er ein, dann will er doch mehrere Gespräche, vor allem mit POK Schmidt, geführt haben. Dann habe er auch nicht gewusst, wo die Einsatzberichte abgeheftet werden und dann auch noch mit seinem Einsatzleiter Herrn Kirchner darüber gesprochen. Angeblich ist er auch alleine angereist, dann stellt sich heraus, dass Schmidt mit Herrn Schneider dazu kam. Die Verteidigung merkt an, dass die Reihenfolge seiner Vorbereitung unklar sei und fragt ihn weiter, ob ihm Widersprüche zwischen Kurzbericht und seiner Erinnerung aufgefallen seien. Dies verneint Zedler und meint weiter, dass es nach dem Einsatz auch keine Manöverkritik gegeben haben soll. Zu der Nachfrage der Verteidigung, wie viele Leute in seiner Gruppe waren, als die Flasche geworfen wurde, möchte er abermals keine Angaben machen. Die Verteidigung fragt, wo hier das Dienstgeheimnis läge, denn jede Person, die an dem Abend auf der Straße war, hätte Personen zählen können. Es stellt sich heraus, dass Zedler von Schneider angewiesen wurde, keine weiteren möglichen Zeugen zu benennen. Die Verteidigung fragt weiter nach, woran er denn festmache, dass eine Person männlich sei. Zedler meint, er als Polizeibeamter sei dafür geschult, männliche und weibliche Personen auf Entfernung zu unterscheiden. Erstere könnten an einer schlanken Statur erkannt werden. Daraufhin fragt die Verteidigung, ob Frauen* denn nicht schlank sein könnten, was für eine Schulung dies gewesen sei und wo er sie genossen habe. Zedler weist darauf hin, dass eine Person weiblich sei, wenn „wenn z.B eine Dame ein rotes Kleid anhabe…“ Von den Zuhörenden erntet er dafür höhnisches Gelächter. Die Verteidigung kommt nochmals auf die Flaschenwürfe zu sprechen. Laut seiner bisherigen Aussage habe er erst den Wurf gesehen und es dann Klirren gehört. Zedler beeilt sich zu sagen, dass er beide Würfe gesehen habe, wobei er die 1. Flasche gehört und den 2. Flaschenwurf gesehen habe. Die Verteidigung fragt nach, ob er seinen Kurzbericht wahrheitsgemäß ausgefüllt habe, da hier kein 2. Wurf vermerkt sei. Zedler meint daraufhin, dass könne im Einsatzgeschehen schon mal vorkommen. Die Verteidigung stutzt hierbei und erinnert ihn daran, dass er den Kurzbericht als Vorbereitungsgrundlage für seine Aussage genutzt habe. Woher wisse er denn noch von dem 2. Wurf? Zedler erwähnt die Vernehmungen der anderen, worüber sie vor der GeSa noch in Hamburg geredet hätten, „aber auch nicht so genau“. Hierauf verliert die Verteidigung zunächst die Fassung und weist ihn scharf darauf hin, dass er bewusst vorher im Bezug auf den Bericht Widersprüche verneint habe, da er genau wisse, das er einen Fehler gemacht habe. Dies sei eine Falschaussage nach §183 Gerichtsverfassungsgesetz sowie Strafbegehung in einer Sitzung und zumindest mit Ordnungsgeld zu ahnden. Die Richterin geht nicht weiter darauf ein, sondern verweist auf den Zeitdruck und dass die Sitzung unterbrochen werden müsse.

Ein weiterer Verhandlungstag fand am 1.11.2017 um 12 Uhr statt. Der Folgetermin ist auf 7.11.2017 um 13 Uhr angesetzt. Beide Termine finden vor dem Amtsgericht Mitte statt.