Stanislaw wurde in der ersten Instanz wegen „Verstoß gegen das Waffengesetz“, „Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz“ und „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“ zu 6 Monaten auf Bewährung verurteilt. Grundlage dafür ist eine Personenkontrolle am Gorch-Fock-Wall um 9:50 Uhr am 8.7. In seinem Rucksack fanden die Cops ein Pfefferspray (Vorwurf „Waffengesetz“), sieben Mini-Böller (eine Kategorie über Tischfeuerwerk -> Vorwurf „Sprengstoffgesetz“), dunkle Kleidung, ein Seil, eine Taucherbrille und einen G20-Stadtplan. Der Verstoß gegen das Versammlungsgesetz wird mit der Unterstellung begründet, er sei auf dem Weg zur Demo „Grenzenlose Solidarität statt G20“ gewesen, deren Auftaktkundgebung ab 11 Uhr ca. 2 km entfernt stattfinden sollte. Laut Aussage eines Beamten, der an der Kontrolle maßgeblich beteiligt war, fand diese während ihrer Pause statt, da die Begleiterin von Stanislaw Dreadlocks hat und Stanislaw einen großen Rucksack dabei hatte. Weitere Kontrollen fanden nicht statt. Der Auftrag während ihrer Pause sei gewesen, augenscheinlich linkes Klientel zu kontrollieren.
Am 15.2. endete nun sein Berufungsverfahren mit einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu 12 Euro, sowie die Hälfte der Gerichtskosten. Staatsanwältin Geis wollte zur „Verteidigung der Rechtsordnung“ und wegen des abschreckenden Charakters beim amtsgerichtlichen Urteil bleiben. Einerseits ist das landgerichtliche Urteil nun deutlich besser, als das Erste. Selbst in Haft umgewandelt würden maximal vier Monate raus kommen. An den verurteilten Vorwürfen hat sich aber wenig geändert. Einzig der Vorwurf „Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz“ wurde fallen gelassen. Dass das Landgericht weiterhin davon ausgeht, Stanislaw sei auf dem Weg zur 70 Minuten später und 2 km entfernten Demo unterwegs gewesen und nicht, wie er selber sagte, zum nahegelegen Dammtorbahnhof, ist fatal. Zwar ist der Weg zu einer Versammlung versammlungsrechtlich geschützt, dies nun aber stattdessen strafrechtlich in einem derart räumlich und zeitlich entfernten Radius gegen den Angeklagten zu wenden, ist ein weiterer Versuch, das Versammlungsrecht zu untergraben. Auch das Pfefferspray als „Waffe“ zu werten, ist juristisch stark umstritten. Nach Meinung der Richterin besteht hier nur Unklarheit, weil Anwält*innen auf die Barrikaden gegangen sind, so dass Sprays mit den gleichen Inhaltsstoffen unterschiedlich bewertet werden, je nachdem, ob sie zur Tierabwehr bestimmt sind oder nicht. Zu Stanislaw Lasten ging, dass er eine Einlassung mit Teilangaben gemacht hat, zu anderen Fragen aber von seinem Schweigerecht gebrauch machte. Die Regelung, dass sich das Aussageverweigerungsrecht von Angeklagten nicht zulasten des Beschuldigten auswirken darf, gilt nur bei vollständiger Aussageverweigerung.
Die Richterin machte in ihren Urteil zudem deutlich, wie sie sich politisch verortet. Sie war als eine der freiwilligen Richter*innen im „Neuland“, dem GeSa-Gericht, tätig. Dort hätte sie einen Flaschenwerfer gehabt, der im Anzug festgenommen worden war, im Rucksack aber schwarze Kleidung hatte. Daher sei auch die schwarze Kleidung von Stanislaw zu seinen Lasten zu werten. Das Gejammere über die GeSa könne sie nicht ab, alle ihr zugeführten Beschuldigten hätten Anwält*innen gehabt. Der Verteidiger hatte angemerkt, dass in Neuland immer nur 10 Rechtsanwält*innen gleichzeitig rein durften, und wenn gerade aufgrund von Wechseln weniger da waren, schnell Gefangene ohne Beistand vorgeführt wurden. Zudem war er selber bei Stanislaw Vorführung körperlich raus geflogen. Richter*innen und Cops hätten außerdem dasselbe wie die Gefangenen bekommen: Trockenes Brot. Von links würde verkannt, dass alle leiden mussten.
Vermutlich wird dieses Verfahren in der Revision weitergehen.
Diesen und weitere Texte findet ihr in der dichthalten 2.