Evgenii: Freispruch für G20-Gegner rechtskräftig

Pressemitteilung der Verteidigung Evgeniis: Das Amtsgericht Hamburg-Altona hat einen 32-jährigen Angeklagten nach 15 Verhandlungstagen in sämtlichen Punkten freigesprochen. Ihm war vorgeworfen worden, während des G20-Gipfels drei Flaschen auf
Polizeibeamte geworfen zu haben. Am Samstag ist die Berufungsfrist
verstrichen. Die Staatsanwaltschaft hat das Urteil akzeptiert. Damit ist
es rechtskräftig.

Das Gericht hat die Arbeit der verdeckt ermittelnden Polizeibeamten
deutlich kritisiert. Gleich sechs dieser sogenannten „Tatbeobachter“
gaben an, dem Angeklagten gefolgt zu sein – für zuverlässig hielt das
Gericht ihre Angaben jedoch nicht. Die Beamten waren im Gerichtssaal
verkleidet aufgetreten. Auf wesentliche Fragen des Gerichts verweigerten
sie die Aussage, wobei sie sich auf nicht erteilte Aussagegenehmigungen
beriefen. Richter genauso wie Staatsanwältin stellten fest, dass die
Polizei auf diese Weise die gerichtliche Sachaufklärung behindere.

Die AnwältInnen haben dem Gericht ein Video vom Tatort und -zeitraum
präsentiert, dass den Angaben der Polizeizeugen widersprach. Ob die
Zeugen gelogen oder sich geirrt hatten, konnte das Gericht nicht mehr
aufklären. Selbst die Staatsanwaltschaft hatte daher Freispruch
beantragt.

Die Verteidigerin des Angeklagten, Britta Eder aus Hamburg, ist erfreut
über das Urteil: „Meine Erfahrung zeigt, dass in streitigen Prozessen
mit derartigen Tatbeobachtern deren Angaben letztlich nie gerichtsfest
verwertbar sind.“

Der zweite Anwalt, Lukas Theune aus Berlin, weist auf die Deutlichkeit
der Urteilsbegründung hin: „Richter Kloß betonte, dass das Auftreten der
Polizei unseriös und unprofessionell war und auf derartige Polizeiarbeit
keine rechtsstaatlichen Urteile gestützt werden können. Wir hoffen nun,
dass dies auch auf die laufenden und die noch kommenden Prozesse im
Zusammenhang mit dem G20-Gipfel Auswirkungen haben wird.“

Der Angeklagte erhält eine Entschädigung in Höhe von fast 4.000 € für
die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft von über vier Monaten.

Anmerkung:
Tatbeobachter_innen spielten in diesem und spielen in vielen politischen Prozessen eine große Rolle. Was sind „Tabos“ und was können wir dagegen tun? In der dichthalten 3, dem unregelmäßig erscheinenden Antirepressionsnewsletter des Hamburger Ermittlungsausschusses (EA) findet sich ein längerer Text zu dem Thema: