Prozess gegen Fabio – Bericht vom 27.11.2017

Das Wichtigste: Fabio ist gegen eine Kaution von 10.000 € und Auflagen (3mal wöchentlich bei der Polizei melden, ladefähige Zustelladresse, Wohnsitz in Hamburg) von der Haft verschont.

Es folgt eine Erklärung der RAin Heinecke: Die Vorgabe bis ins Detail ans Gericht vom OLG ist vom Stil her autoritär und eine Missachtung dieses Gerichts. Es enthält Unterstellungen („schädliche Neigung, Erziehungsfehler…,) sowie falsche Angaben (Maria Rocco ist nicht Fabios Lebensgefährtin). Sie enthält den Vorwurf des Schweren Landfriedensbruchs, wenn dieser wegen fehlender Tat nicht nachweisbar sei, solle die Verurteilung wenigstens auf Beihilfe zum schweren Landfriedensbruch hinauslaufen. Diese Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz ist nicht hinnehmbar wegen Bevormundung des Gerichts. Die RAin hofft, dass das Gericht zwischen Vorgabe, Suggestion und Wahrheitsfindung unterscheiden kann und wird.

Es folgt die Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen PBA Jokschat.
Er führt aus, dass es eine psychologisch betreute Nachbereitung des Polizeieinsatzes wegen drohender PTBS der eingesetzten Beamten in seiner Dienststelle gab. Wieviele Beamten daran teilgenommen haben, darf er aus polizeitaktischen Gründen nicht sagen. Es seien alle Kollegen seiner Dienststelle da gewesen.

Im Rahmenbefehl des Polizeieinsatzes zum G20 gibt es auf den Seiten 38 – 40 detaillierte Vorgaben zur Dokumentation und Auswertung einzelner Einsätze. Erfahrungsberichte seien einheitlich zu gliedern. Daran erinnert sich der Zeuge zunächst nicht, er weiß auch nicht mehr, wann er seinen Bericht geschrieben hat. Er hat ihn aber an die SOKO Schwarzer Block geschickt, weil diese ihn per email angefordert hat.

Ob er den Passus „Erfahrung mit Führung und Einsatzkräften“ beantwortet hat, weiß er nicht mehr. Er erinnert sich aber, dass die Kommunikation unter den Einsatzgruppen „bescheiden“ war und dass es das ausgeteilte Dosenbrot mittlerweile im Internet zu kaufen gibt.

Auf Anfrage der Staatsanwaltschaft sollte er weitere Zeugen in der Dienststelle finden, die Erinnerungen oder Feststellungen zum Bewurf oder Verhalten in der Einmündung von der Schnakenburgsalle in den Rondenbarg haben. Auf seine Nachfrage hin hat sich bis Dienstag niemand bei ihm gemeldet – entweder hatten sie keine Meldung oder haben sich nicht getraut. RAin: D.h. 40 Beamte im Einsatz haben nichts gesehen? Trauen sich die Beamten nicht, oder gibt es vielleicht einen Schweigecode?
Zuerst war die Rede von 100 Würfen (Steine, Knallkörper, Werkzeug, Flaschen…), jetzt war die Rede von „kurzem, massivem Bewurf“, ca. 10 – 15 Würfe. Die geworfenen Steine seien „katzenkopfgroß“ gewesen und wurden aus der 2. und 3. Reihe geworfen. Es gab orangefarbenen Rauch. Der Zeuge habe nur „Gewalt – Dunkel – Schwarz“ gesehen.

Dann meint er, es sei vom Gehweg aus geworfen worden.

Dass eine 2. Einheit am Rondenbarg eingesetzt war, wußte er nicht, bis ihm diese entgegengekommen sei. Es beträfe Polizeitaktik, in die „kleine chaotische Phase am Anfang eines Einsatzes Ordnung zu bringen“. Es gäbe wahrscheinlich ein Funkprotokoll.

Irgendwann gab es dann eine Welle von Leuten,die weg rannten und sich über das Geländer auf den Parkplatz einer Firma absetzen wollte, dabei sei dieses abgebrochen, bei der zweiten Welle. Den Ausgang habe er versperrt um den Weg abzuschneiden. Er geht davon aus, das es das Ende der Gruppe war, die über das Geländer ist und letztlich hatten sie 15 Verletzte da liegen. Die ersten haben es ja unfallfrei geschaft. – Die Blumberger Kollegen hat er da nicht gesehen, erst auf dem Parkplatz hatte er Kontakt, da hätten sie Sachen gefunden, wer was weggeworfen habe hat er nicht gesehen. Er habe gesehen, daß sich Leute verletzt haben und habe ein „Versorgungsangebot“ gemacht – irgendwann sei dann ja auch mal Schluss, die Leute seien mit dem Geländer in der Hand gestürzt.

Belegschaftsangehörige einer dort ansässigen Firma (Asphalt oder Beton) habe der Polizei einige Demonstranten übergeben, die in den Hof der Firma geflüchtet waren. Er wisse nicht, ob diese Firma einen Pförtner habe. Die RAin hält ihm eine Aussage des Pförtners vor. Dieser habe der Polizei Hausverbot erteilt, weil sich Beamte unangemessen verhalten hätten. Von einer Frau mit einem Armbruch wusste der Zeuge nichts.

Nach dem Vorhalt in welcher Größe der Zeuge Ehlert die Steine, die er „katzenkopfgroß“ nannte, beschrieben hat, sagte Jokschakt für sein empfinden sei die Schätzung des Kollegen viel zu groß. Nach einer Unterbrechung werden die nächsten Termine vereinbart und dass am 4.12. voraussichtlich die angeforderten 2 Funkprotokolle da sein müssten. Zudem laden das Gericht 3 Zeugen und allgemein gebe es ja noch diverse Videos und Bildmaterial.

Von den insgesamt 45 Zuschauerplätzen waren zwei Drittel für die Presse reserviert. Obwohl so viele nicht da waren, stützen sich allerdings dennoch mind. 5 Filmkameras und diverse Fotografen gierig auf Fabio und seine Mutter, als sie zusammen den Raum und das Gericht verließen.

Weitere Termine: 4.12., 3.1., 23.1., 1.2., 13.2., 20.2., jeweils 9.00 Uhr