Solidarität mit den Frankfurter G20-Gefangenen! Prozessbeginn am 18.12.2018 in Hamburg

Die massive Repression des Staates nach den Aktionen während des
G20-Gipfels im Juli in Hamburg hält an. Eine als Öffentlichkeitsfahndung
inszenierte Menschenjagd in ganz Europa sowie zahlreiche
Hausdurchsuchungen zeigen einerseits den Verfolgungseifer des Staates,
anderseits die Willkür und Schwäche der staatlichen Behörden. Nicht nur
sitzen bereits Genoss*innen mit absurden Urteilen im Gefängnis, es
kommen auch neue Fälle dazu. So kam es pünktlich zum Jahrestag des
Gipfels im Rhein-Main-Gebiet zu vier Hausdurchsuchungen. Zwei Genossen
sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Am 18.12.2018 soll der Prozess
gegen alle vier in Hamburg beginnen.

Razzien am Main

Am Morgen des 27. Juni kam es bundesweit zu einer weiteren
Durchsuchungswelle bei Anti-G20-Aktivist*innen. In Frankfurt und
Offenbach wurden vier Personen durch die Polizei nach Hamburg
verschleppt. Den jungen Männern wird vorgeworfen, sich an Aktionen
freitagmorgens in der Hamburger Elbchaussee beteiligt zu haben. Zwei der
Festgenommen waren zum Tatzeitpunkt noch unter 18 Jahre alt und gelten
somit vor dem Gesetz als so genannte Heranwachsende. Auf dieser
Grundlage konnte erreicht werden, dass zumindest die Haftbefehle für die
beiden Jugendlichen außer Vollzug gesetzt wurden. Diese mussten
allerdings ihre Pässe abgeben und sind verpflichtet, sich regelmäßig bei
der Polizei zu melden. Die beiden volljährigen Männer befinden sich
seitdem jedoch in Untersuchungshaft im Hamburger Gefängnis Holstenglacis.

Der Staat teilt aus

Die Anklage ordnet die Beschuldigten willkürlich dem Komplex Elbchaussee
zu, um in der Öffentlichkeit „Schuldige“ präsentieren zu können und die
Rechtsbrüche und die massive Polizeigewalt gegen Demonstrant*innen
während der G20-Protestwoche zu kaschieren. Die harten Urteile, die
bislang nach G20 gefällt wurden, reihen sich ein in die Faschisierung
der Staatsapparate, am deutlichsten sichtbar in den neuen Präventiv- und
Polizeigesetzen (etwa das bayerische PAG). Hinzu kommen die innere
Aufrüstung und immer ausgedehntere Überwachung sowie die politische
Repression und die harten Strafen gegen alle, die sich gegen die
herrschenden Verhältnisse wehren.

Angesichts der verhältnismäßigen Stille bei Angriffen auf
Geflüchtete(nunterkünfte), bei abertausenden Toten im Mittelmeer etc.
erscheint es doch mehr als verwunderlich welche Empörung ein paar
zerstörte Scheiben und Autos hervorrufen. Dass schon am selben Abend den
Geschädigten eine Zahlung von 40 Millionen Euro zugesichert wurde
(zum Vergleich: den Angehörigen der Opfer des NSU wurde nach jahrelanger
Schikane, Kriminalisierung und Stigmatisierung insgesamt(!) eine Million
Euro Entschädigung gewährt), verdeutlicht die massive Diskrepanz bei der
Wahrnehmung des Wertes von Menschenleben im Vergleich zu Waren und
Konsumgütern.

Vorwürfe? Kollektiv- und Kontaktschuld!

Der Zynismus von Polizei und Justiz ist in Anbetracht der Vorwürfe
unerträglich. Am frühen Morgen des ersten Gipfeltages machten einige
hundert Aktivist*innen ihrer Wut über die bestehenden Verhältnisse Luft
und verdeutlichten ihre Unversöhnlichkeit unter anderem durch das
Entglasen von Konsulaten, Banken und Ämtern und das Anzünden von Autos
in der im Villenviertel gelegenen Elbchaussee. Obwohl es keinerlei
polizeiliche Foto- oder Videoaufnahmen von den Geschehnissen gibt, hat
die Polizei nun vier junge Männer aus dem Rhein-Main-Gebiet als
vermeintliche Täter präsentiert. Die Vorwürfe – Brandstiftung,
Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung – basieren auf einem
„Bewegungsprofil“, das die Polizei über die vier erstellt haben will:
Sie habe die Gruppe auch zu anderen Gelegenheiten in Hamburg beobachten
können, so etwa ganz ohne schwarze Vermummung beim Bäcker in Altona.
Konkrete Taten werden ihnen nicht vorgeworfen, außer dass sie vor Ort
gewesen sein sollen und einer der Beschuldigten eine Mülltonne auf die
Straße gezogen habe. Es ist offensichtlich, dass es hier darum gehen
soll, Menschen von künftigem politischem Protest abzuhalten und eine
ganze Bewegung einzuschüchtern, indem Einzelne drakonisch bestraft werden.

Isolationshaft und Willkür

Die Absurdität der Vorwürfe knüpft an die bisherigen G20-Prozesse an,
genauso wie die Anordnung von U-Haft wegen der angeblichen „Schwere der
Tat“ und vermeintlicher „Fluchtgefahr“. Dazu die Schikanen, die die zwei
im Knast ertragen müssen: Der jüngere war in den ersten drei Tagen
durchgehend eingesperrt. Erst danach bekam er eine Stunde Hofgang
täglich. Seitdem wurde seine Zelle mindestens viermal ohne Angabe von
Gründen durchsucht und er selbst wiederholt spontanen Leibesvisitationen
unterzogen. Die einzige Möglichkeit, die ihnen gelassen wird, um aus der
Zelle raus zukommen und soziale Kontakte zu haben, ist, im Knast zu
arbeiten. Auch wenn sich manches inzwischen gelockert hat, durften die
beiden sich bis heute nicht sehen und sind immer wieder wahllosen
Schikanen und der Willkür der Schließer ausgesetzt. Diese nannten als
Begründung nur: „Weil wir es können“.

Druck machen!

Ganz offensichtlich dienen diese Haftbedingungen dazu, Druck auf die
zwei auszuüben und sie zu Aussagen zu bewegen. In Anbetracht der
mangelhaften Beweislage gegen sie ist das kein Wunder. Auch eine weitere
Person sitzt seit Oktober ebenfalls im Hamburger Holstenglacis in
Untersuchungshaft, nachdem sie per Europäischem Haftbefehl von Frankreich
ausgeliefert wurde. Auch ihr werden Straftaten im Zusammenhang mit den
Aktionen auf der Elbchaussee vorgeworfen. Die Polizei möchte nach mehr
als einem Jahr Arbeit der eigens eingerichteten SoKo „Schwarzer Block“
gern Ergebnisse vorweisen, und das heißt „Schuldige“ bestrafen. Machen
wir es den Inhaftierten leichter im Knast und erzeugen wir unsererseits
Druck auf die Behörden! Der Prozess gegen alle vier Beschuldigten
beginnt am 18. Dezember. Obwohl vor dem Jugendgericht geführt, wird er
öffentlich sein – und lange dauern: Es sind bereits 30 (dreißig!)
Prozesstage bis Mai terminiert. Die Anklageschrift besteht weitgehend
aus der Beschreibung von beschädigten Autos sowie einer Handvoll
Indizien, dass die vier Beschuldigten irgendwie vor Ort gewesen sein
sollen. Dieser Show-Prozess muss begleitet und kritisiert werden!

Schreibt Postkarten und Briefe, kommt zum Prozess und zeigt ihnen, dass
wir sie mit dieser Repression nicht allein lassen! Wir werden weiter
Post schicken, mit eurer Hilfe alle Prozesstage begleiten und „den
Scheiß aufdrehen“ bis sie wieder frei sind. Der Grund dafür ist einfach:
Weil wir es können.

Weitere Prozesstermine, immer ab 9:30 Uhr: 8.1.19, 10.1.19, 15.1.19 …
Amtsgericht Mitte, Sievekingplatz 3