Kundgebung vor der JVA Billwerder Sonntag, 6.8., 14 Uhr (DE/GR)

Komm mit uns am Sonntag den 6. August 2017 um 14.00 Uhr zum S-Bahnhof Billwerder-Moorfleet und geh mit uns gemeinsam zur JVA Billwerder die No G20 Gefangenen besuchen! Es gibt Kaffee und Kuchen, Open Mic, gute Musik und noch bessere Wortbeiträge.

G20 ist vorbei, aber es gibt für uns keinen Anlass zur Tagesordnung überzugehen! Unsere Freund*innen wurden eingesperrt, weil sie mit uns gemeinsam gegen die menschenverachtende Politik der G20 und ihren unsinnigen Gipfel hier in Hamburg auf die Straße gegangen sind. Jetzt brauchen sie uns und unsere Unterstützung! Wir wollen die miese Brühe gemeinsam auslöffeln! Trotz all ihrer Hetze vor, während und nach dem Gipfel ist es weder den Medien noch den Sicherheitsbehörden gelungen, uns zu spalten. Und das wird ihnen auch jetzt nicht gelingen! Auch wenn dieser Gipfel zu Ende ist, unser Kampf für eine bessere Welt ohne Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Knäste ist es nicht. Und diesen werden wir gemeinsam mit unseren jetzt noch eingesperrten Freund*innen führen!

Am selben Tag um 18 Uhr findet auch in Genua eine Kundgebung statt: ilmainasso.noblogs.org (IT).

UNITED WE STAND!

Hast auch du Freund*innen oder Angehörige in derJVA Billwerder, dann wünsch dir einen Song oder sag ein paar Worte.

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Brief von Riccardo aus Billwerder vom 20.7.17 (DE)

Brief des Mitstreiters Riccardo, eingesperrt in der JVA Billwerder, Hamburg

Guard Gohlosh impersonated the most hideous wickedness: the wickedness at the service of the powerful of the Earth. A wickedness that could be converted to money. It didn’t belong to him any longer. He had sold it to more competent individuals who used it to enslave and mortify an entire miserable people. He was no longer master of his own wickedness. He had to guide it and direct it according to certain rules whose atrocity hadn’t changed much.
(Albert Cossery – Men God Forgot – 1994, free translation by act for freedom now)

Momentan befinde ich mich im Knast von Billwerder, in Hamburg. Ich wurde am Freitag, den 7. Juli um 19:30 in der Nähe der Roten Flora festgenommen. Mir wird unter anderem vorgeworfen, den Staat beleidigt und die öffentliche Sicherheit gefährdet zu haben. Ausserdem wird mir vorgeworfen, aktiver Teil einer fünfzehnköpfigen Gruppe gewesen zu sein, die versucht haben soll, einen Bullen einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit angegriffen zu haben.

Ich verweigere die Dichotomie von „Schuld“ und „Unschuld“, die uns der juristische Apparat des Staates auferlegt.

Was ich sagen möchte ist, dass ich stolz und glücklich bin, während der Revolte gegen den G20 in Hamburg gewesen zu sein. Die Freude der persönlichen Erfahrung des Zusammenkommens so vieler Menschen jeden Alters und aus aller Welt, die sich noch nicht der totalen Logik des Geldes und der kapitalistischen Welt unterworfen haben, kann keine Form der Gefangenschaft bezwingen. In einer historischen Epoche, in welcher der Kapitalismus versucht, den finalen Schritt zu seiner absoluten Stabilisierung umzusetzen, in konstanter Oszillation zwischen innerem Krieg (Sondergesetze, Grenzschließungen, Abschiebungen) und äusserem Krieg (Massaker, Zerstörung und Vergiftung des Planeten Erde), zeigte die Revolte gegen den G20, was denjenigen, die immernoch etwas auf die Freiheit geben, am wichtigsten ist:

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Brief von Maria vom 14.07.2017

Heute vor 2 Jahrhunderten wurde die Bastille vom Volk gestürmt. Heute errichten diejenigen, die die Erstürmung der Bastille als Gründungsdatum moderner Demokratien feiern, überall neue Festungen. Niemand sollte hier drin sein müssen. Nie wieder. Es ist zu viel für eine einzelne Person. Ob es Minderjährige sind, schwangere Frauen oder Frauen, die eigentlich in einem Krankenhaus sein müssten – alle in den gleichen grauen Anzügen… Ich weiß, dass ihr alles Mögliche versucht, um mich hier herauszuholen und ich danke euch dafür. Es tut mir leid, dass ihr euch Gedanken, Sorgen machen müsst.

Ich habe hier euer Telegramm und in Wirklichkeit hatte ich gehofft, heute herauszukommen und euch laut und herzlich zu danken! Im Gegensatz dazu bin ich weiterhin hier, der Einspruch [gegen meine Haft] wurde nicht akzeptiert. Aber in dem Moment, wenn ihr diesen Brief erhalten werdet, wisst ihr das ja bereits. Wir waren zu fünft in dieser Situation gewesen, alle Arm in Arm. Die beiden Deutschen sind Mittwoch rausgekommen, heute ist die Venezolanerin entlassen worden – aber nur auf Kaution von 10.000 €, ja zehn Tausend! Hier drin bleiben ich und eine Kurdin. Sie ist sehr stark – immer positiv, und das, obwohl zwei ihrer Brüder in Kurdistan gefallen sind. Das einzig Schöne hier sind die Beziehungen, die wir knüpfen. Alle sind so freundlich, altruistisch. Alle sind jederzeit bereit, dich zu umarmen.

Was alles andere betrifft, habe ich kaum noch Illusionen… Einmal ließen sie uns zu dritt aus den Zellen, angeblich, um mit unseren AnwältInnen reden zu können – in Wirklichkeit wollten sie nur unsere DNA. Ich muss hier an sich immer mit dem Schlimmsten rechnen, obwohl das überhaupt nicht meine Art ist. Das erste Gefängnis, in das sie uns gebracht hatten, war ein Fertigbau mit 10qm kleinen Kammern. Wir waren darin für zwei Tage zu fünft, ohne alles, kein Fenster, wir mussten um
alles bitten, auch darum, etwas zu Trinken zu bekommen und darum, aufs Klo gehen zu können – natürlich nur unter Aufsicht. Fast ohne Essen. Hier ist es jetzt ein wenig besser – ich habe zumindest ein Bett und ein Bad.

Ihr wisst ja schon, dass ich hier nur sitze, weil ich kurz
zurückblieb, um einer Verletzten zu helfen, deren Bein „zerbrochen“ war – im wahrsten Sinne, der Knochen war zu sehen, der Fuß war „nur“ zur Hälfte getroffen worden… Ich glaube, diesen Anblick werde ich nie wieder vergessen. Genauso wenig wie den der Polizei, die sie mit bloßen Händen schlug. Und ich konnte mir nicht ausmalen, hier gelandet zu sein, dafür, dass ich nichts gemacht habe. Obwohl ja alle hier drin wegen nichts sitzen. Wegen Diebstahl vor allem. Leute, schreibt etwas über das, was passiert ist, bitte! Schweigt nicht. Wenn ihr wollt, veröffentlicht das, was ich euch schreibe.

Ich weiß wiederum nichts von Fabio, ich hatte ihm geschrieben, aber er hat nicht geantwortet. Er müsste im gleichen Knast sein wie ich. Wenn ihr Infos zu ihm habt, schreibt mir das und schreibt mir überhaupt! Wenn ihr mir eine Briefmarke rein tun könnt, kann ich antworten. Ich werde bis mindestens Mittwoch hier ausharren müssen. Danach – ich weiß es nicht. Ich wünsche euch ganz viel Gutes, euch allen. Eine Umarmung, ich hoffe, bald zurück zu kommen.
Maria

MARIA ROCCO
JVA Billwerder
Dweerlandweg n° 100
22113 Hamburg
Germany

Maria wurde mittlerweile entlassen.

/Maria weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Fabio im Jugendknast Hanöfersand festgehalten wird, dreißig Kilometer außerhalb von Hamburg, dass es ihm gut geht und dass er gut mit den anderen dort klarkommt./
/Auch seiner Entlassung nach Zahlung einer Kaution auf Vorschlag des Gerichts wurde von der Staatsanwaltschaft Hamburg ebenso wenig zugestimmt, wie der von Maria./
/Sie weiß auch nicht, dass im Gegensatz zu Fabio jedoch Alessandro, Orazio, Emiliano und Riccardo zusammen im Männertrakt ihres Gefängnisses, also der JVA Billwerder sitzen, die letzten beiden sind Zellennachbarn./

Hier das Original und mehr Infos auf Italienisch:
http://www.radiondadurto.org/2017/07/26/g20-amburgo-ancora-35-persone-in-carcere-13-tedeschi-e-22-internazionali/

Bisher sind die Einsprüche gegen die Untersuchungshaft alle von der Staatsanwaltschaft Hamburg abgelehnt worden…