Wieder Freispruch in Tabo-Verfahren

Wiedereinmal wurde in einem G20 Verfahren kar, dass sich Polizei (und
Staatsanwaltschaft) in Sachen G20 für nichts zu schade sind. Die extrem
hohe Freispruchquote von 10% [!] in den G20 Strafverfahren – im
Gegensatz zum allgemeinen sonstigen Bundesdurchschnitt von 2-3% – zeigt
eindeutig, dass die Anklagen in hohem Maße frei erfunden sind. Denn von
besonderer Milde der Gerichte in G20-Zusammenhängen kann nun wirklich
keine Rede sein.
Für die Repressionsbehörden steht offensichtlich zum einen die medial
präsentierbare Anzahl der Verfahren und – dem Konzept des
Feindstrafrechts folgend – das Abstrafen der bloßen Anwesenheit im
Vordergrund.

Der Freispruch erfolgte am 23. Mai 2019 am 3. Verhandlungstag im
Amtsgericht am Sievekingplatz. Der Vorwurf lautete zwei Flaschenwürfe
auf Polizeibeamte am Abend nach der „Welcome-to-Hell-Demo“ im Bereich
der Kreuzung Schulterblatt/Altonaer Straße.
Einziger Zeuge war ein Hamburger TaBo (Tatbeobachter) der
Bereitschaftspolizei. Der TaBo gab an, den Täter verloren zu haben und
will ihn dann am Abend des nächsten Tages im Bereich der Holstenstr.
wiedererkannt haben. Die Festnahme erfolgte daraufhin durch
Uniformierte der Hamburger BFE.

Der TaBo und die Festnehmer haben keine gute Figur gemacht und sowohl
Gericht, als auch der Staatsanwalt waren irgendwann genervt davon, dass
sich die Polizisten andauernd auf ihre eingeschränkte Aussagegenehmigung
zurückgezogen haben.

So schilderte der TaBo die Flaschenwürfe mit der rechten Hand, der
Beschuldigte ist aber Linkshänder. Auch die Schilderung des TaBo ist in
vielen Punkten nicht mit dem vorhandenen Videomaterial des Abends in
Einklang zu bringen. Zudem haben sich die Beamten geweigert, über die
Weitergabe der Wiedererkennungsmerkmale vor der Festnahme auszusagen,
weshalb unklar geblieben ist, wodurch es überhaupt zu der Festnahme
gekommen ist.
Außerdem hat der TaBo aller Wahrscheinlichkeit nach bei Fertigung seines
Berichts nach der Festnahme Lichtbilder des Beschuldigten zur Verfügung
gehabt. Er hat das
abgestritten, aber der Lichtbildausdruck in der Akte ist ausweislich der
Fußzeile durch ihn gefertigt worden. Auch sein Bericht ließ Rückschlüsse
darauf zu, dass er die Fotos gesehen hat. Die Beschreibung des Täters
fußte daher wohl eher auf den Lichtbildern des Beschuldigten, als auf
der eigenen Erinnerung an den Vorabend.

Die Staatsanwaltschaft hat dann nach der Bestätigung der Linkshändigkeit
die Segel gestrichen und ebenfalls Freispruch beantragt.