Der 2. Verhandlungstag in diesem G20 Prozess endete mit einer Aussetzung der Haft gegen 10.000 Euro Kaution. Dies wurde erst während der an die Hauptverhandlung anschließende Haftprüfung beschlossen, nachdem die Verhandlung bis auf Weiteres vertagt wurde. Grund dafür war eine mangelhafte Auswertung, bzw. Nicht-Vorhandenseins des Video-Beweismaterials auf dem die Anklage beruhte. Der Beschuldigte saß seit dem 7.7.2017 in Untersuchungshaft.
Der Beginn der Verhandlung war planmäßig war auf 9.00 Uhr angesetzt, allerdings hatte Richterin Lanig „vergessen“, einen Antrag für den Transport des Beschuldigten zum Gericht zu beantragen. Die Verhandlung wurde auf 10.45 Uhr verschoben, um in der Zwischenzeit den Angeklagten zum Gericht zu bringen. Das war jedoch nicht nur die einzige Besonderheit der Verhandlung: Als Zeug*innen geladene maskierte TaBos (Tatbeobachter*innen) wurden von offen bewaffneten Kollegen begleitet. Von Pressevertreter_innen war nur ein Reporter der Bild-Zeitung vor Ort, der im Vorfeld bereits mehrere Verhandlungen gegen NoG20-Aktivist*innen besucht hatte. Die freien Pressebänke konnten daher von den Unterstützenden besetzt werden.
Richterin Lanig eröffnete die Sitzung mit der informatorischen Befragung des Polizeibeamten Kruse, der den Video-Auswertungsbericht verfasst hatte. Da die Zeiten des ausgewerteten Videomaterials nicht mit der verzeichneten Tatzeit übereinstimmten und die Auswertung des gesamten Videomaterials laut Kruse nicht zeitnah vollendet werden könnte, beantragte die Verteidigung eine Haftaussetzung bzw. Aussetzungsantrag des Verfahrens. Staatsanwältin Brümmer widersprach dem Antrag und beantragte, dass anstelle einer Fortsetzung der Beweisaufnahme vorliegende Anträge bearbeitet würden. Richterin Lanig gab dem Antrag der Verteidigung mit der Begründung statt, dass eine Fortsetzung des Verfahrens in Ermangelung von Beweismaterial „schwierig“ sei. Sie setzte die Verhandlung aus und schloss die Sitzung damit für die Öffentlichkeit. In der darauf folgenden Haftprüfung erwirkte die Verteidigung eine sofortige Haftaussetzung gegen 10.000 Euro Kaution. Die Verteidigung appellierte zudem an die Vorsitzende Richterin, den Beschuldigten bis Einzahlung der Kaution am Gericht zu behalten. Dieser wurde jedoch in einem Transport zurück in die Justizvollzugsanstalt Billwerder gebracht. Die Unterstützenden mussten also nach Billwerder nachfahren, um ihn dort abzuholen.