Loic muss wegen seiner Verurteilung wegen der G20-Proteste in Hamburg 2017 wieder in den Knast
Radio Dreyeckland (RDL) aus Freiburg hat im Dezember ein Gespräch mit Loic geführt,
Vor einiger Zeit wurde er im sogenannten Elbchaussee-Verfahren zu 36 Monaten Knast verurteilt. Nach 16 Monaten im Hamburger Untersuchungsgefängnis läuft nun ein Antrag seiner Anwält:innen, die Haft in Frankreich verbüßen zu können. Er muss also demnächst für einige Zeit ins Loch zurück. RDL hat uns freundlicherweise die Abschrift des Radiointerviews https://rdl.de/beitrag/loic-will-g20-reststrafe-frankreich-absitzen zu Verfügung gestellt. (Red.)
Interview von Luc Śkaille, geführt Ende Dezember 2021
RDL: Du hast ja schon damit begonnen die Situation zusammenzufassen. Was dich damals ins Gefängnis gebracht hat, waren die Proteste gegen G20. Willst du nochmal erklären was dir in dieser Prozedur vorgeworfen wird?
LOIC: Es geht in der Strafe vor allem um die Elbchaussee, eine der wohlhabensten Straßen in Hamburg. Es ist ein besonderer sehr spezieller Vorwurf, da es sehr stark eine kollektive Dimension bekommt, bei der alles was bei der Versammlung passiert ist mir und vier weiteren Angeklagten umfassend zur Last gelegt wird. So sind wir jetzt für allen Sachschaden der Demonstration verantwortlich zu machen, eine Million € in 20 Minuten und 19 verbrannte Autos. Und selbst wenn wir nicht diesen konkreten Straftaten zugeordnet werden, werden wir der Komplizität beschuldigt. Dafür habe ich, ich glaube zwei Jahre gekriegt. Die anderen werden tatsächlich nur beschuldigt dort mitgelaufen zu sein, was wirklich außerordentlich ist. Ich bin beschuldigt da noch etwas aktiver gewesen zu sein, mit einem Böller, der in eine Bank flog.
Ich habe zu den Vorwürfen keine Aussagen gemacht, da ich die kollektiv Beschuldigung ablehnte. Ich wäre im Zweifel darauf eingegangen, wenn sie von der Kollektivstrafe abgerückt wären. Etwa in dem ich bewiesen hätte, dass ich nicht vor Ort war.
Ich denke diese juristischen Auffassungen sind sehr gefährlich und können auch später dazu dienen die Rechtsprechung auszuweiten und immer mehr in Richtung Kollektivstrafen bei Demos und vor Gerichten gehen. Diesen Auffassungen müssen wir uns entgegenstellen.
RDL: Das Hamburger Gericht hat dich damals zu drei Jahren Haft verurteilt. Was war die Forderung der Staatsanwaltschaft? Wie ist das ganze von statten gegangen? Du warst ja letztlich schon 16 Monate im Knast. Aber wie war der Weg dorthin, was war die strafrechtliche Auseinandersetzung. Du wurdest zuerst in Nancy verhaftet und wurdest dann lange weggesperrt, weit weg von deinen Leuten…
LOIC: Also der Staatsanwalt wollte vor allem die Idee einer Demonstration zerschlagen. Für ihn hat es sich um eine organisierte kriminelle Bande gehandelt, mit paramilitärischem Vorgehen. Er hat argumentiert, eine Person in dieser Demonstration habe Stiefel getragen, Stiefel der Marke Ranger. Also war es eine paramilitärische Organisation. Das wurde letztlich abgeschmettert. Aber er hat vier Jahre und neun Monate gefordert. Dies hat er auch in der Revision gefordert, auch diese Revision wurde abgelehnt – so wie meine Revision auch.
Nun, es gab eine erste Durchsuchung bei meinen Eltern im Mai 2018. Es handelte sich um eine koordinierte Razzia in der Schweiz, in Spanien, in Frankreich und in Deutschland. In Spanien und in Frankreich haben sie damals niemand gekriegt.
Ich war damals auf der ZAD in Notre-Dame-des-Landes. Ich war dort ein paar Tage zuvor kontrolliert worden, also wusste die Polizei wo ich bin. Aber die Hausdurchsuchung musste dennoch stattfinden, auch wenn sie wussten, dass sie mich dort nicht finden würden. Sie war ja europaweit koordiniert.
Da habe ich dann entschieden mit einem Text – Ich wähle die Flucht – zu erklären, dass ich mich nicht der Justiz stellen werde. Ich fand diese Verfahren völlig maßlos. Und ich habe auch gesehen, dass ich viel riskieren würde. Es gab eine mediale Propaganda rund um den G20-Gipfel. Am Tag der Durchsuchungen kam ein Polizei-Dokumentarfilm mit dem Titel „die schwarze Gewalt“ raus. Mit angsteinflößender Musik, Bildschnitten… es war eine kriminalisierende und die Demonstranten und Demonstrantinnen Entmenschlichende Produktion.
Da habe ich mir gedacht, dass ist keine gute Idee dem Haftbefehl nachzukommen.
Ich denke, ich hatte am Ende schon etwas Glück, auch wenn es echt hart ist, was mir widerfahren ist. Ich bin letztlich auf eine, im Vergleich zu den anderen Juristen des Gerichts von Hamburg, relativ fortschrittliche Richterin gestoßen. Ich wäre sonst vermutlich noch im Gefängnis, mit einem anderen Richter, der der Forderung der Staatsanwaltschaft gefolgt wäre.
Insgesamt habe ich ja Niemanden verletzt. Die anderen Beschuldigungen waren zwei Flaschen Bier in Richtung der Polizei geworfen zu haben, ohne sie zu treffen, wie auf den Videos zu sehen ist. Und dann waren da noch zwei Pflastersteine in Richtung der Wasserwerfer, die ich, wie auf den Videos zu sehen ist, auch nicht traf. Es ist also völlig vermessen, es gab nicht einmal Verletzte.
In diesem Zusammenhang will ich etwas in Erinnerung rufen. Vor kurzem wurde in den USA einer freigesprochen, der zwei Menschen während den Demos für George Floydd getötet hatte. Die Person war zu dem Zeitpunkt Minderjährig, aber er hat zwei Menschen getötet.
In meinem Prozess gab es auch zwei Minderjährige denen nur vorgeworfen wird, auf einer Demonstration mitgelaufen zu sein. Sie wurden zu Arbeitsstunden verurteilt. Nun wird ihr Prozess nochmal für mehrere Wochen aufgerollt, wir wissen noch nicht wann. Sie werden möglicherweise zu Bewährungsstrafen verurteilt, vielleicht zu mehr. Knast wegen des mitlaufens in einer Demo. Und dann befindet einer von der White-Power Bewegung sich nach dem töten zweier Menschen vor Gericht und wird freigesprochen.
Klar das ist in den USA, aber es ist immer noch die gleiche westliche Welt. Wir merken, dass es oft übertriebene Strafen gegenüber etwa Antifas gibt. Gegenüber Linksradikalen wird hart durchgegriffen, während man milde gegenüber Rechtsradikalen walten lässt. Es ist wichtig dieses Verhältnis zu betrachten.
RDL: Also nochmal um es für die Hörerinnen und Hörer in Erinnerung zu rufen. Du wurdest im August 2018 im Hause deiner Eltern verhaftet. Du hast danach 16 Monate gesessen und du konntest dann vor, beziehungsweise während dem Prozess aus dem Knast. Das war dann im Winter. Im Dezember 2019. Und der Prozess hat sich dann bis Mitte des Jahres gestreckt… Nun bist du knapp zwei Jahre wieder draußen. Nach dieser Zeit im Knast und dann in „Teilfreiheit“ will die Justiz dich erneut einsperren. Es gab einen gerichtlichen Beschluss am 13.12., vielleicht willst du uns hierzu mehr erzählen. Du musst die Haftepisode nicht weiter vertiefen wenn du es nicht möchtest.
LOIC: Was außerordentlich ist, ist dass dieser Prozess im Dezember 2018 angefangen hat und er bis Juli 2020 dauerte. Ich habe über 70 Tage Prozess gehabt, mit teilweise Pausen von bis zu zwei Wochen. Während dem Verfahren gab es eine Menge bourgeoiser Zeugen, die berichtet haben, was sie auf der Elbchaussee sahen. Es gab viele Polizeizeugen, deren Berichte teilweise vollständig erfunden waren. Das wurde von der Richterin bei immerhin fünf Zeugen festgestellt.
Was wirklich hart war, war immer wieder vor die gleichen Leute zu treten, um verurteilt zu werden für Handlungen, die ich nicht mal unbedingt selbst verwirklicht habe. Aktionen, die die Frucht einer Demonstration waren. Ich denke auch dass die Repression so heftig ist, weil es sich um eine Straße der Reichen handelt. Es gab viele andere Demos wo die Idee der gemeinschaftlichen Straffälligkeit und der gemeinschaftlichen Schuld nicht so relevant waren.
In der französischen Geschichte ist das ein Mechanismus, der während der Anarchistengesetze, den Lois-Scélérates angewendet wurde. Da wurden Schriftsteller, Leute die sich auf bestimmte Aktionen positiv bezogen in der gleichen Art behandelt, als wenn sie die Aktion durchgeführt hätten. Dass sind Dinge bei denen wirklich aufgepasst werden muss und gegen die wir kämpfen müssen.
Daher bin ich sehr wütend.
Ich habe zwei ziemlich offensive Prozesserklärungen gemacht.
Nun, um noch auf den Knast einzugehen, ich war im Haus A. Das Haus A ist ein schreckliches Gebäude, über 200 Jahre alt. Zu den Bedingungen: Du bist 23 Stunden von 24 in einer Zelle. Es darf zweimal die Woche geduscht werden, um 6:45 Morgens muss die ganze Etage ran. Das sind 25 Leute für vier Duschen in insgesamt 30 Minuten. Es gibt keine Wechselsachen, also keine Klamotten. Bis meine Sachen ankamen hat es über einen Monat gedauert. Ich schrieb meinen Eltern, dass ich Sachen brauche und habe dann 50 Unterhosen auf einmal gekriegt.
Dann konnte ich die beim Hofgang an andere Mitgefangene verteilen, die hatten ja das gleiche Problem.
Normalerweise bleibst du maximal für einen Monat im Haus A. Danach wirst du in andere Gebäude verlegt, denn es ist eigentlich eher ein Gebäude für die Ankömmlinge. Ich war aber länger in diesem Gebäude gefangenen, weil meine Verfahrens-Komplizen, mit denen wir uns nicht begegnen sollten, in den anderen Gebäuden eingesperrt waren. Das war die Begründung.
Gut, ich konnte diese Unterhosen verteilen. Die hatte ich in den Taschen und das sprach sich rum. Also kamen immer wieder Leute und sagten, hey, hast du noch eine Unterhose übrig.
Ich hatte auf einer Knastmauer diese Inschrift gelesen: „If you help someone, you help yourself“. Dieser Satz hat mir im Gefängnis viel Kraft gegeben.
Ich war schon in einer privilegierten Situation. Ich habe viele Briefe bekommen, viel Unterstützung. Ich hatte auch kein Schamgefühl im Bezug auf die G20-Proteste an denen ich teilnahm. Ich wusste dass es so viel Solidarität gab.
Und dem Gegenüber, die G20, die Waffenhändler… Gut das braucht nicht vertieft zu werden, Schufte eben.
Ich fühlte mich jedenfalls tugendhafter als ein Erdogan, ein Trump oder Saudi-Arabien, die ja auch da waren. Ich hatte also keine Schuldgefühle.
Das Knastsystem schafft es manche Leute sehr negativ zu beeinflussen. Da sind dann Schuldgefühle, dass sie etwa von der Familie zurückgewiesen werden. Es sind viele Leute aus sozial-benachteiligten Verhältnissen. Leute die vielleicht etwas gedealt haben, um ein bisschen Geld zu verdienen. Das hat mich wirklich erschüttert. Ich hatte schon dazu gelesen, oder in linken Zusammenhängen solche Geschichten gehört. Aber das dann zu sehen… Kaum Leute aus dem Mittelstand, überhaupt keine Menschen aus reichen Verhältnissen. Nicht etwa Leute wie ein Scholz oder andere, die nie in den Knast gehen, obwohl sie es eigentlich müssten.
Nun dadurch, dass wir uns mit diesen Leuten im gleichen Kontext wiederfanden, bin ich vielen dieser Menschen ein Stück weit auf Augenhöhe begegnet. Du findest dich in der gleichen Unterdrückung wieder, an einem Ort an dem du vom Staat als Scheiße definiert wirst. Das hat zu Begegnungen geführt.
Wenn ich jetzt etwa in einem ärmeren Viertel unterwegs bin, außerhalb der Haft, komme ich mit den Leuten nicht so schnell in Kontakt, da ich aus einem Mittelschichtenhaushalt komme.
Da ich nicht Deutsch sprach, war ich auch in der Situation eines ausländischen Gefangenen. Das hat die Begegnung mit einigen Personen dort eher erleichtert.
Da waren wundervolle Menschen dabei, denen jedoch viel Leid widerfährt.
Ja dieses Haus A ist wirklich scheiße. Viele BiPoC Menschen die ich traf sagten, die Schließer seien Nazis. Da ist ein Fakt den ich mehrfach hörte. Auch wenn ich das selber nicht so erlebt habe, habe ich die verachtenden Blicke der Wärter erlebt. Sie warfen widerliche Blicke in Richtung der inhaftierten BiPoC-Personen. Ich habe gesehen wie manche von ihnen herumgeschubst wurden, nur weil sie während dem Einschluss noch ein Buch in der Zelle des Nachbarn suchten. Ich habe echt sehr harte Dinge gesehen, für nichts. Es gibt wirklich eine Verachtung des Menschen im Knast.
Einige von ihnen drehen durch. Sie fragen „Warum werden immer wir kontrolliert?“.
Es sind mega viele Leute auf der Straße, die Bullen fahren vorbei, ich hab gerade jemand Weed verkauft und ich werde kontrolliert. Nicht etwa der Weiße der gerade Gras gekauft hat.
Es gibt solche Straßen in Hamburg, eine Straße nahe der Elbe, ich weiß nicht mehr wie sie heißt. Da wo auch die Welcome-To-Hell Demo war. Das ist verrückt in dieser Straße. Wenn die Bullen vorbei fahren, verstecken sich alle BiPoC-Leute, in Eingängen oder Läden.
Ich hab das erlebt als ich wieder draußen war – derweil gehen alle Weißen ganz gemütlich umher. Es gibt ein systematisches racial-profiling. Und weil viele der Betroffenen schon eh schwerer einen Job finden, ticken halt manche. Und dann gehen sie in den Bau. Sechs Monate wegen zwei Gramm Gras, weil es das zweite mal war. Diese Verachtung zu sehen, dass ist einfach unfassbar.
RDL: Wow
LOIC: Ja ich könnte noch viel erzählen
RDL: Ja. Wir können noch mehr darüber reden. Es ist wirklich super uns deine Erfahrungen anzuvertrauen. Ich denke es ist auch für andere Menschen, die Repression erleben wichtig. Erfahrungen durch jemandem der es lebt, der daran arbeitet und der sich mit dieser politischen Klarheit mitteilt. Knast als solches ist ja auch in der Gesellschaft oft ein Tabuthema. Also, über diese Gefühle, auch über die Schuld und die Scham zu reden… Auch über die Funktionsweise des Gefängnissystems, über die Repression die funktioniert und die Menschen beschädigt. Ich wünsche mir, dass du viel Kraft hast, um das abzuwehren.
Also, du konntest nach diesen 16 Monaten wieder raus. Du warst jetzt ja quasi zwei Jahre in einer Art Halbfreiheit, da ja immer noch die Drohung im Raum steht, in den Knast zurückkehren zu müssen. Jetzt gab es neue Entwicklungen in den letzten Wochen. Möchtest du das nochmal erklären…?
LOIC: Also am 13.12. gab einen Beschluss zu den Revisionsverfahren. Meine Revision, die meine AnwältInnen eingeleitet haben, und die den bisherigen Haftaufschub ermöglicht hat, wurde letzten Endes von der deutschen Justiz abgelehnt. Und auch der Revisionsantrag des Staatsanwaltes der 4 Jahre und 9 Monate haben wollte.
Jetzt stehe ich der Ausführungsverordnung des damaligen Urteils vom Juli 2020 am Ende des Prozesses gegenüber. Jetzt ist offenbar schon ein Brief für mich an den Ort in Hamburg geschickt worden, an dem ich seit dem Sommer nicht mehr lebe. In diesem Brief dürfte stehen, dass ich nun wieder in den Knast muss, um die Reststrafe zu verbüßen. Jetzt warten wir was passiert, wann ich diesen Brief in Frankreich zugestellt bekomme. Das geht jetzt noch um Fristen, aber es könnte Ende Februar, März, höchstens April werden. Dann wäre es wohl nötig wieder ins Gefängnis zu gehen, es geht um 20 Monate ohne Bewährung. Und auch was Hafterleichterung betrifft ist alles unklar. Es könnte theoretisch nach 8-9 Monaten rum sein. Aber das ist sehr dynamisch, eine Grauzone mit wenig Klarheit.
Persönlich geht es mir gerade eher gut.
Diese Situation treibt mich gerade an, weil es mich empört.
Ich würde gerne etwas teilen.
Ich habe vor kurzem Blutuntersuchungen machen lassen. Da wurden mir einige Fragen gestellt. Unter anderem wurde ich gefragt ob ich schon mal im Gefängnis war. Ich habe „ja“ gesagt, und die Person von der Blutabnahme war völlig schockiert:
Sie fragte, „warten Sie mal kurz, so sehen sie ja gar nicht aus“ – Gut dass ist natürlich etwas öde so ein oberflächliches Urteil, aber gut egal – Dann fragte die Person: „Was haben Sie getan?“ Ich habe gesagt es ging um Demos bei G20. Die Person fragt „Was, für Demos bei G20? waren Sie im Knast? Wie lange denn?“ Ich so: 16 Monate. Und die Person „Wie lange?“; Ich: ein Jahr und vier Monate. „Waas?“. Und ich muss vielleicht nochmal 20 Monate rein „Wie 20 Monate?! Und zwischenzeitlich waren Sie draußen? Dass ist ja völlig verrückt! Sowas habe ich noch nie gehört! Leute die ich so kenne, die machen viel schlimmeres als Sie. Leute mit Aggressionen, sexuelle Übergriffe. Die kommen viel besser weg, die gehen nicht mal in den Knast. Das ist ja total empörend“.
Und: Es war keine besonders politisierte Person, keine Person die da viel drüber nachgedacht hatte, dass war klar. Und das spricht mich an.
Die Tatsache dass sie sich gerächt haben, mit hoher Repression.
Aber drei Jahre ohne Bewährung für diese Tatvorwürfe, dass gehört angeprangert, dem muss sich widersetzt werden.
Die Justiz wollte auch Exempel statuieren um Angst zu erzeugen. Diesen Diskurs hört man viel aus der Rechten und Konservativen Ecke. „Es würde zu lax vorgegangen, es bräuchte ein härteres Vorgehen gegen die Linksextremen.“ Äh, die Linksradikalen, Pardon.
Es ist für mich wichtig unsere Überzeugungen weiterhin stark zu vertreten. Als eine Art Pädagogik die wir der Repression entgegensetzen. Um zu zeigen, dass es so nicht möglich ist, uns als Bewegung oder als rebellische Personen zu brechen … Das Gegenteil muss erfolgen.
Ich hatte das Glück vor kurzem andere Beschuldigte wieder zu treffen. Ich traf auch Fabio, einem italienischen ehemaligen Gefangenen, der auch eine offensive Prozesserklärung bei seinem Prozess verlas.
Wir würden gerne ein größeres Treffen anstoßen, eine Konferenz, um über die Repression zu reden und darüber was wir auch mit den AnwältInnen zusammen erlebt haben.
Es ist für mich wichtig, weiter zusammen zu kommen, der Repression zum Trotz. Es ist wichtig das weiter zu thematisieren, darüber zu reden, es sichtbar zu machen und es zu humanisieren. Und das ist was ich weiter machen werde. Diese offensive Haltung zu bewahren.
Ich finde es vollkommen absurd, dass eine so verabscheuungswürdige Person wie Olaf Scholz, der sich immerhin getraut hat zu sagen, es habe in Hamburg „keine Polizeigewalt“ bei G20 gegeben, sich nun als Kanzler Deutschlands wiederfindet.
Das ist echt schräg. Zudem hängt er in so vielen Affären drin, dass sich gefragt werden muss, warum er noch immer nicht hinter Gittern ist.
Das revoltiert mich alles schon sehr. Das werde ich weiterhin anprangern.
Es ist wichtig ihnen zu zeigen, dass selbst wenn einer drei Jahre bekommt, dass er dann lästig bleibt. Dass er ätzend bleibt.
Ich freue mich weiterhin, wenn Leute solidarische Aktionen machen, wenn ich nun wieder in den Knast gehe. Ich glaube es ist sehr wichtig, dass sie verstehen, dass dahinter eine Bewegung steht und dass wir diejenigen, die von der Repression eingeholt werden, nicht alleine lassen.
Was ich auch noch sagen wollte, ist, dass das was mir Kraft gibt, vor allem auch das Ausdrücken und Mitteilen meiner Gedanken ist, und dass diese verstanden werden können. Ich hasse es mit Vorurteilen behandelt zu werden. Besonders in den Prozessen, wo vor allem der Staatsanwalt redet. Ein Mensch der noch nie auf einer Demo war, aber er redet viel. Der wird dann eine Realität beschreiben, ein Narrativ schaffen, Fakten konstruieren – obwohl er nicht präsent war.
Und dann, wenn du vor der Justiz stehst, bevorzugen es viele oftmals nichts zu sagen. Oder sogar noch mehr auf das Spielchen eingehen und sich entschuldigen. In der Hoffnung milde behandelt zu werden.
Was dann medial und in der populären Vorstellung dabei rüber kommt, ist: entweder „die Person hatte Angst“, oder „sie hatte keine Ideen“. „Das sind dann wohl Leute, die kommen nur her um „Bullen zu batschen“ und so.“
Mich interessiert es, eine Idee, Gedanken zu entwickeln und das habe ich mit meiner ersten Prozesserklärung gemacht. Ich werde weitere Texte machen, um zu unterstreichen, welche Ideen ich weiterhin habe und dass diese sich auch weiter entwickeln.
Ich will auch meine Entschlossenheit zeigen.
Ich glaube es ist wichtig das zu machen, weil wir noch in einem Rahmen sind, in dem der revolutionäre Geist oftmals stigmatisiert und noch nicht besonders gut verstanden wird.
Diese Arbeit von Pädagogik gegenüber der Justiz muss natürlich nicht jeder machen. Aber ich finde das Erklären wichtig. Und ich lade auch alle dazu ein, die die Justiz nicht anerkennen, dies mit ein paar Sätzen in den Prozessen zu verdeutlichen. Schweigen kann nämlich durch die Gesellschaft fehlerhaft interpretiert und verachtet werden.
Ich will lieber eingesperrt sein und verstanden werden, oder mich zumindest erklärt haben.
Das ist mir lieber als unter Vorurteilen zu leiden, eingesperrt zu sein und verachtet und missverstanden zugleich.