Bericht zum Prozesstag gegen Fabio am 13.2.2018

 

 

 

 

Am Anfang trug die Verteidigung eine Erklärung vor:
Auch aus den Aussagen der Zeugen vom letzten Termin ist deutlich geworden, dass es sich um eine Demonstration gehandelt hat, in der es keine “gemeinsame Verabredung” zur Gewalt gegeben hat – im Gegenteil gar die Aufforderung eine Sachbeschädigung zu unterlassen, zumal dass Ziel die Blockadeaktion in der Innenstadt war.  Auch gab es behördliche Behauptungen es sei “brandschatzend” vom Camp aufgebrochen worden, was im Sonderausschuss zurück genommen werden musste. Ein Grund für Aufstocken und Zerschlagen der Demo fehlte. Fabio nahm sein Demonstrationsrecht in Hamburg wahr. Selbst wenn man die von der Staatsanwaltschaft (STA) gezählten 14 Steine und 5 Pyros  aus der Demospitze als wahr hinnähme, sei es eine Demo gewesen auf die das Hooligen-BGH-Urteil nicht anwendbar ist.

Dann wurden 2 Zeugen der BFE Blumberg gehört: Starke und Ritter
Starke gab an, sie seien mit Auftrag des Gesamteinsatzleiters Großmann “Personen aufnehmen” übermittelt durch Hundertschaftsführer Ritter im Rondenbarg unterwegs gewesen.Als stellvertretender Einheitsführer habe er vor Ort koordiniert und Befehle erteilt. Er hatte als einziger direkt vor Ort und in später in der Gesa jeweils einen Bericht geschrieben. Im Oktober war er dann noch von seinem Kollegen Kurt (dem zuständigen Hauptsachbearbeiter) vernommen worden. Starke legte großen Wert darauf zu schildern, dass er die Demo als bedrohlich wahrnahm. Er hatte diese auf jeden Fall als Versammlung wahrgenommen, zumal sie im Zweifel erst recht beim G20 jede größere Gruppe so einschätzen würden. Diese habe er Schulter an Schulter gehend als geschlossenen dunklen Block wahrgenommen, der aussah, als ob alle vermummt gewesen wären. Als die BFE-Einheiten auf die Demo zu liefen habe er gesehen, dass viele versuchten zu fliehen. Alle anderen hätten sie dann natürlich mit Gewalt zu Boden gebracht. Ziel der Maßnahme war, am Schluss alle am Boden liegend zu haben. Erst ca.10min später habe er die Wasserwerfer gesehen und später gehört, dass es 15 Schwerverletze gab. Es sei alles relativ schnell gegangen. Eine Ansprache an die Demo hat es nicht gegeben, da diese zum einen zu weit weg gewesen sei und zum anderen sich weiter auf die Einheit zubewegte. Ein Stein sei auf ein Fahrzeug aufgetroffen und während seine Einheit auf die Demo zuging habe er “schwarze Gegenstände in der Luft” gesehen – mind. 10 Steine seien insgesamt geflogen. Verletzte Beamte gab es nicht und eine Anfrage (von der SoKo) hat ergeben, dass überhaupt kein Beamter getroffen wurde. – Im Gegensatz zu seinem Bericht, den er direkt danach schrieb. Bezüglich der eingesammelten Gegenstände müsste der Hauptsacharbeiter Kurt wissen wer da gesammelt und wer dokumentiert hat. Am Vortag seien sie bei der ‘Welcome to Hell’ Demo und dann grundsätzlich die ganze Nacht im Einsatz gewesen.
Kurz nachdem die Verteidigung zu fragen anfing und er zunächst berichtete, dass G20 ein Highlight war, geriet Starke extrem in Stress. Er vergaß seit wann er als Polizeibeamter tätig ist, zunächst gab er an seit 1991, obwohl er da erst 14 gewesen wäre – später korrigierte er auf 1994. Auf Nachfrage, ob er im Stress sei, gab er an, er wisse ja dass sein Kollege sehr lange vernommen worden sei, dies würde auch ihm Stress machen.:“Man fängt an zu schwitzen” bei anderen Verhandlungen „ginge man 10 Minuten rein und geht wieder.“ Auch im weiteren Verlauf Laufe der Befragung äußerte er seinen Stress: “Ich werde hier irgendwann abbrechen, ich frage mich wie weit ich hier die Hose runterlassen soll”. Insgesamt habe er  4 Videodateien gesehen. In seiner Hundertschaft gäbe es ca. 10 Kollegen, die mit der Aufarbeitung des Materials betraut sind. Dort habe er gefragt. – Wie allerdings das von ihm gesichtete Wasserwerfervideo der anderen im Rondenbarg eingesetzten Einheiten zur BFE Blumberg kam, wisse er nicht. Angeblich ist ihm gegenüber nicht über Körperverletzung gegenüber Versammlungsteilnehmern von Seiten der Polizei  gesprochen worden. Die Kollegen würden sich hüten, ihm davon zu berichten. Sie würden so etwas (wie am Rondenbarg) trainieren und die Situation “hätten wir im Training genauso gelöst”. Er habe nicht die Hände über’m Kopf zusammen geschlagen und gedacht: “Oh Gott was haben wir gemacht”. Er fand es auch gut, dass im Video zu sehen ist, wie Kollegen ausholen, um auf am Boden Liegende  zu treten und dann abstoppen – bei dem Stresslevel sei das eine „tolle Beherrschung“. Fabio habe er nicht am Rondenbarg gesehen.
Ritter gab an, als Einsatzleiter eingesetzt gewesen sein – zwei Einheiten bilden eine Hundertschaft. Ihr Auftrag sei gewesen Richtung Volkspark zu gelangen, da sich dort eine Gruppe Vermummter aufhielte. Zufällig hätten sie dann auf dem Weg im Rondenbarg schwarz gekleidete Vermummte getroffen – das Ende der Gruppe konnte er nicht erkennen. Er saß im vordersten Fahrzeug. Es habe Zwang zum Handeln gegeben: “Wir mussten klären was das hier werden soll”. Es habe einen Moment gedauert bis Steine flogen, zuerst seien ein paar Pyros geflogen. Die Entscheidung los ulaufen habe er getroffen – “die Alternative wäre ja sonst nur gewesen, die Straße frei zu machen und wegzufahren”. Eine Ansage hätten sie nicht getätigt, er habe auch keine Versammlung erkennen können. Er habe ebenfalls erst später die Wasserwerfer der anderen Einheit bemerkt. Er sei hingegangen und habe gesagt: “Wir brauchen kein Wasser mehr.” Es seien 73 Personen vor Ort festgenommen worden und Gegenstände zum Angreifen von Polizeieinheiten gefunden worden, sowie kleine Hammer mit denen Autoscheiben eingeschlagen werden sollten um diese anschließend mit Brandfackeln anzustecken.
Wie die Beamten dort vorgegangen seien erkläre sich von selbst. Inwiefern Zwang ausgeübt wird, werde allen Beamten selbst überlassen. Bei einer derartigen Personenzahl sollen am Ende alle am Boden liegen – mit oder ohne Gewaltanwendung. Manche, die bereits am Boden lagen, hätten ja auch wieder aufstehen wollen. Widerstandshandlungen habe er jedoch nicht erfasst. Auf die Nachfrage bezüglich Strafverfahren gegen Kollegen dieser Einheit gab er an, es gäbe mehrere Prüfverfahren und Strafverfahren. Ein Wortprotokoll des Funkverkehrs kenne er nicht, aber es werde ein Einsatztagebuch geführt. Um ihre Berichte zu schreiben, können die Beamten Videos einsehen. Diejenigen, die ihren Bericht in der Dienststelle geschrieben haben, hätten generell alle die Möglichkeit noch mal die Videos anzusehen. Natürlich sei auch über den Einsatz gesprochen  und dieser polizeilich ausgewertet worden. Er habe diesen  kurz nach dem Einsatz  als “Sprachfilm” ebenfalls noch einmal „Revue passieren lassen.“

Nach der Vernehmung der Beamten stellte die Verteidigung noch zwei Anträge.
Erstens den Antrag, eine bestimmte Videosequenz aufgrund der Tonspur zu hören, da sie die Aussage des bereits gehörten, ebenfalls festgenommenen Zeugen stützt.
Der zweite Antrag lautete, alle im Rondenbarg festgenommenen Personen zu vernehmen. Die Teilnehmer der Demo seien das geeignete Beweismittel gegen die „Verabredungsthese“. Die beiden bereits Gehörten hätten einen Tatplan (zur Gewaltanwendung) bestritten, es sollte zur Blockade in die Innenstadt gehen. Größtenteils hätten die Leute sich nicht gekannt, die Gruppe sei sehr gemischt gewesen, es wurde keine einheitliche Kleidung getragen.
Die Staatsanwältin erwiderte, beide Anträge seien abzulehnen. Die Tonspur sei nicht relevant, denn es gehe um das BGH-Urteil (Verabredung zu nichts anderem als Gewaltanwendung im Zusammenhang mit Hooligens)
Beim zweiten Antrag könne als wahr gesehen werden, dass Blockaden stattfinden sollten und Fabio im Vorhinein nichts von Einzelheiten von Gewalt wusste.
Auf den Einwand der Verteidigung, wenn die Zeugenaussage als wahr angenommen werde –  nämlich, dass es keine gemeinsame Absprache gab, im BGH-Urteil aber enge Voraussetzungen der Anwendung des Hooligan-Beschlusses stehen – dann müsse sie auch freisprechen, erwiderte die Staatsanwältin: selbst wenn sich zeigen sollte, dass gleich Gekleidete sich verabredet haben sollten, spiele es in diesem Verfahren keine Rolle, denn es ginge ja nur um Fabio. Sie bewerte die juristische Einschätzung (auf die Anwendung des BGH-Urteil) anders als die Verteidigung.

Weitere Prozesstage:  20.2.2018 und 27.2.2018