Für Montag, den 18.12.2017, hat die „SoKo Schwarzer Block“ eine Pressekonferenz angekündigt, auf der sie die größte polizeiliche Öffentlichkeitsfahndung seit Jahren bewerben will. Mehr als 100 Fotos und Videosequenzen von Personen, die im Zusammenhang mit dem G20 Gipfel gesucht werden, aber bisher nicht identifiziert werden konnten, sollen breit veröffentlicht werden. Medienvertreter_innen sind dazu eingeladen, die öffentliche Denunzierung von Personen als mutmaßliche Straftäter_innen durch Weitergabe von Foto- und Videomaterial zu unterstützen. Zudem soll eine Telefon-Hotline für anonyme Hinweise eingerichtet werden. Die Methode der Öffentlichkeitsfahndung hatte auch schon die Bild-Zeitung kurz nach dem G20-Gipfel für sich entdeckt und sich selbst in die Rolle der Exekutive erhoben: Sie veröffentlichte Fotos von Menschen, die angeblich Straftaten begannen haben sollen. Wir werden dieses Vorgehen nicht unkommentiert hinnehmen und rufen deshalb zu einer Kundgebung am morgigen Montag vor das Polizeihauptquartier am Bruno-Georges-Platz 1 um 10 Uhr auf.
Auch die Prozesse gegen NoG20 Aktivist_innen gehen kommende Woche weiter:
- 18.12.2017 9h – 11:15h Verhandlung gegen Konstantin am Amtsgericht Mitte am Sievekingplatz 3. Der Prozess gegen Konstantin läuft nur noch wegen des Schneidens einer Grimasse bei der Erkennungsdienstlichen Behandlung, die Anklage lautet dabei auf Widerstand. Alle weiteren Anklagepunkte wurden mittlerweile fallengelassen.
- 18.12. 9:15h – 13h Verhandlung gegen Christian, ebenfalls am Amtsgericht Mitte. Richter in diesem Verfahren ist der rechte Hardliner Krieten, der bereits Peike im 1. NoG20 Prozess zu einer Haftstrafe von über 2 Jahren verurteilte. Ab 8 h findet vor dem Gericht eine Solidaritätskundgebung für Christian und Konstantin statt.
- 21.12. 9h – 13h Ein weiterer Verhandlungstag gegen Konstantin, ebenfalls am Amtsgericht Mitte
Am vergangenen Dienstag, den 12.12.2017, ging der Prozess gegen Evgenij weiter. Da die Aussagen des als Zeugen geladenen Tatbeobachters nicht mit dem Video zusammenpassen, dass vom genannten Tatort und -zeitpunkt vorliegt, stünde eigentlich ein Freispruch oder zumindest eine Verfahrenseinstellung an. Um dies zu verhindern hat die Staatsanwaltschaft schlicht einen neuen Vorwurf präsentiert. Nachdem die SoKo ihr Material nochmals gesichtet hat, heißt es nun, Evgenij sei auf einem anderen Video zu erkannt worden. Damit eine neue Anklage fabriziert werden kann, wird der Prozess bis April ausgesetzt.
Am Mittwoch, den 13.12. wurden im Verfahren gegen Christian drei Polizeizeugen gehört. Für Montag, den 18.12. hat Richter Krieten die Plädoyers von Verteidigung und Staatsanwaltschaft eingeplant. Gleichzeitig liegen jedoch noch Befangenheitsanträge gegen das Gericht und ein Ablösungsantrag gegen Staatsanwältin Geis vor. Diese sollen bis zum 18.12. 2017 bearbeitet sein. Es wird wahrscheinlich versucht werden, den Prozess am 18.12. mit den Plädoyers zu einem Ende zu bringen.
Die Antirepressionsdemo, welche als Reaktion auf Hausdurchsuchungen am Samstag den 09.12. in Göttingen stattfand, hat ein juristisches Nachspiel. Die Demonstration wurde in der Roten Straße von einer Braunschweiger BFE-Einheit an der Demonstrationsspitze mit Gewalt aufgehalten. Dabei wurde ein Ordner der Demonstration schwer verletzt und von einer BFE-Einheit bewusstlos geschlagen. Der Rechtsanwalt Sven Adman, der den Betroffenen vertritt, sagte dazu: „Auf dem Video ist viel zu sehen. Eine Straftat des Verletzten nicht. Aber dafür erhebliche Gewalt von Polizisten gegen den Ordner und diverse Polizeikameras, die das Geschehen filmen. Zu behaupten, der Verletzte sei nicht verletzt worden, wie von der Polizei noch am 09.12.2017 in einer Pressemitteilung verlautbart, ist absurd. Die gut sichtbaren Taten sprechen jedenfalls eine andere Sprache und ich bin schon sehr auf die Erklärungen der Beamten gespannt“. Die gewalttätigen Handlungen der Polizei sind Videodokumentiert.
Das Dezernat für Interne Ermittlungen hat laut einer parlamentarischen Anfrage der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider Auskunft über die Verfahren gegen Polizisten_innen im Rahmen des G20-Gipfels gegeben. Von den 115 Verfahren sind 46 von Amts wegen eingeleitet worden, vier durch Polizisten, davon wiederum drei durch die „Sonderkommission Schwarzer Block“. Der Rest wurde von den Geschädigten selbst oder von Beobachter_innen angezeigt. Bisher wurde keines dieser Verfahren zur Anklage gebracht. Im Zuge dieser Ermittlungen rückt die Forderung nach einer Kennzeichnungpflicht für Polizisten_innen in Hamburg wieder in den Vordergrund. Acht von sechzehn Bundesländern haben bereits eine Kennzeichungspflicht. In Hamburg weigert sich der Senat diese Forderung umzusetzen. Neues Deutschland | Amnesty International